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„Es ist ein Luxus, dort zu leben, wo man möchte“

Als Sänger international erfolgreich, genießt Thomas Anders zu Hause in Koblenz eine gewisse Normalität abseits des Rampenlichts

27.05.22
„Es ist ein Luxus, dort zu leben, wo man möchte“

Thomas Anders hat 125 Millionen Tonträger in seiner mehr als 40-jährigen Karriere verkauft, er ist international erfolgreich – an seiner Heimatverbundenheit hat das nie etwas geändert. Foto: Jens Weber

Im März hätte Thomas Anders eigentlich Konzerte in der Ukraine und in Russland gegeben. Daran war wegen des russischen Angriffskriegs nicht zu denken. Außerplanmäßig hatte der erfolgreiche Popsänger daher mehr Zeit zu Hause in Koblenz, wo er es genießt, ein normales Leben abseits des Tourneetrubels führen zu können. Diese Pause ist inzwischen beendet, aktuell tourt Thomas Anders noch bis Ende Mai durch Deutschland, im Sommer stehen Konzerte in den USA auf dem Plan. Dann geht es also in die Ferne – ein guter Grund, nun auf das Gute zu schauen, das (ihm) so nah ist: Rheinland-Pfalz.

Herr Anders, Sie haben einige Jahre in den USA gelebt, sind aber wieder in Ihre Heimatregion zurückgekommen. Was zog Sie nach Rheinland-Pfalz zurück?

Ich bin sehr heimatverbunden. Viele Menschen denken, dass man in einer Metropole leben sollte, wenn man erfolgreich ist. Das ist aber ein Klischee. Denn: Wenn man erfolgreich ist, hat man den Luxus, dort leben zu können, wo man möchte. Ich muss mich nicht irgendwo in Städte begeben, wo ich beruflich weitere Kontakte knüpfen kann. Ich liebe die Gegend bei Koblenz und Rheinland-Pfalz insgesamt. Ich hatte auch in der Zeit, in der ich weg war, immer ein Standbein in Koblenz. Koblenz ist für mich Normalität, darauf freue ich mich jedes Mal, wenn ich am Ende eines vollen Tourplans nach Hause komme.

Was mögen Sie an Rheinland-Pfalz?

Die Menschen in Rheinland-Pfalz haben etwas sehr Bodenständiges, sie haben das Herz am rechten Fleck. Das schätze ich. Oft meint man ja, dass wir in einem so ländlich geprägten Land wie Rheinland-Pfalz etwas hinterwäldlerisch sind, aber das stimmt nicht. Wir sind schon offen der Welt gegenüber, gleichzeitig sind wir etwas zurückhaltender und abwartender, springen nicht gleich auf Trends auf. Das hat Charme. Ich habe immer das Gefühl: Hier zählt das Wort.

Werden Sie zu Hause eigentlich viel angesprochen, oder werden Sie, weil Sie ein bekanntes Gesicht in der Stadt sind, doch eher in Ruhe gelassen?

Man muss unterscheiden zwischen den Koblenzern und den Touristen. Ich werde zwar mal von Einheimischen angesprochen, aber das ist überschaubar. Aber bei den Touristen ist das anders. Da kann ein Sonntagsspaziergang mit meiner Frau durch die Rheinanlagen ganz schnell mit sehr vielen Fotos enden.

Sie touren international und sind insbesondere auch oft im osteuropäischen Raum und Russland unterwegs...

... gewesen, muss man ja leider sagen.

Wie berührt Sie der Ukraine-Krieg – auch als Künstler?

Erst einmal tut es mir leid um die Menschen auf beiden Seiten. Es ist Putins Krieg, nicht der der Russinnen und Russen. Ich habe die Entwicklung Russland sehr genau verfolgen können. Ich bin dort zum ersten Mal 1987/88 aufgetreten, im Endstadium des Eisernen Vorhangs, es war alles sehr abgeschottet. Von Wohlstand oder Meinungsfreiheit konnte man nicht sprechen. Aber das Land wurde immer offener, immer moderner. Was sich an Wohlstand und auch Freiheiten entwickelt hat – das ist nun alles weg. Die Zustände werden durch Putin und die Regierung in die andere Richtung gedreht, es geht immer mehr in die 80er-Jahre zurück. Das hätte ich mir nie vorstellen können.

Dieser Krieg stellt wirklich eine Zeitwende für uns dar. Beruflich bedeutet es für mich: Ich werde dort sicherlich längere Zeit nicht auftreten können. Wobei sich mein Auftrittsfeld sowieso international erweitert hat. Vor 10, 15 Jahren hatte ich sehr viele Auftritte in Osteuropa und Russland. Ich bin aber inzwischen deutlich mehr in der ganzen Welt unterwegs.

Haben Sie Begegnungspunkte zu Geflüchteten aus der Ukraine hier?

Nein, habe ich nicht. Ich hatte nur die direkte Begegnung mit einer jungen Russin, die mir im Supermarkt mit Tränen in den Augen gegenüberstand und sich bedankte. Ich hatte vorher öffentlich darauf aufmerksam gemacht, dass man wegen des Krieges die Russen nicht allgemein stigmatisieren soll. Sie sagte: ,Danke, dass Sie uns als Menschen nicht vergessen. Wir wollen den Krieg nicht, es ist die Regierung.' Es sind ganz schwierige Zeiten, es wird viele Jahre dauern, bis sich wieder eine winzige Normalität einspielt.

Kommen wir noch einmal auf Rheinland-Pfalz und sein Jubiläum zurück: Was wünschen Sie dem Land zum 75.?

Dass Biontech noch ganz, ganz lange große Umsätze macht (lacht). Im Ernst: Ich beglückwünsche alle im Land, die den Weg über 75 Jahre mitgegangen sind und die dazu beigetragen haben, dass Rheinland-Pfalz so ein wunderschönes Bundesland ist. Ich bin sehr glücklich, einer von nicht 80 Millionen, sondern vier Millionen sein zu dürfen. Anke Mersmann