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Auf den Spuren von Adenauer und Brandt in Rhöndorf und Unkel

Auf den Spuren von Adenauer und Brandt in Rhöndorf und Unkel

Im kleinen Nachbarort Unkel und im benachbarten Bad Honnef mit seinem weitaus bekannteren Stadtteil Rhöndorf wurde Geschichte geschrieben. Zwei Bundeskanzler wohnten hier.

23.05.24
Auf den Spuren von Adenauer und Brandt in Rhöndorf und Unkel

Im Arbeitszimmer Willy Brandts, im Unkeler Rathaus, ist die Atmosphäre aus der Zeit des Bundeskanzlers noch zu spüren. Foto: creativ

Wohl nirgendwo sonst in Deutschland kann man sich so intensiv auf die Spuren der deutschen Geschichte begeben wie in der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn – aber auch in der kleinen Nachbarstadt Unkel und der nahe gelegenen Stadt Bad Honnef mit ihrem viel bekannteren Ortsteil Rhöndorf. In beiden Städten wurde Geschichte geschrieben. Gleich zwei Bundeskanzler wohnten hier und lenkten damit auch den Blick der Welt auf die Städte am Rhein. 

Konrad Adenauer hatte Rhöndorf als Wohnort gewählt. Hier wurden am 21. August 1949, eine Woche nach der ersten Bundestagswahl, die Weichen in Richtung Bundesrepublik gestellt. Bei einer Besprechung, die als „Rhöndorfer Konferenz“ in die Geschichte einging, entschieden sich führende Politiker der CDU und CSU gegen eine Große Koalition, einigten sich auf die erste Regierungskoalition der Bundesrepublik und darauf, dass Adenauer erster Bundeskanzler und Theodor Heuss erster Bundespräsident werden sollte. 

Unkel war Jahre später, am 9. November 1989, der Ort, an dem der Wegbereiter der deutschen Einheit, Willy Brandt, erfuhr, dass die Mauer gefallen war, was einen Tag später vor dem Brandenburger Tor, in seinem berühmten Satz mündete: „Jetzt wächst wieder zusammen, was zusammen gehört.“ In beiden Städten erinnern Gedenkstätten mit Ausstellungen an das politische, aber auch das private Leben der beiden Staatsmänner, die Deutschland, aber auch Europa, entscheidend geprägt haben. 

Schon zu Lebzeiten hatte Adenauer den Wunsch geäußert, sein Haus in Rhöndorf, in dem er von 1937 bis zu seinem Tod 1967 wohnte, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nach seinem Tod schenkten Adenauers Kinder Haus, Garten und persönlichen Nachlass der Bundesrepublik Deutschland. Im Gegenzug verpflichtete sich der Bund, eine Stiftung einzurichten, um an Adenauer zu erinnern. Das Wohnhaus ist heute Publikumsmagnet und zentraler Ort der Gedenkstätte Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus. 

Die Zeit scheint dort konserviert zu sein. Adenauers Einrichtung ist fast unverändert geblieben. Die Möbel stammen größtenteils aus seiner Oberbürgermeisterzeit in Köln. Es wirkt so, als würde „der Alte“ jeden Augenblick hereinkommen, in einem Sessel vor dem Panoramafenster mit Blick auf den Drachenfels Platz nehmen, um Zeitung zu lesen, während seine Haushälterin Resi Schlief, die übrigens in Unkel lebte, in der Küche, die heute noch so aussieht, wie zu Adenauers Zeiten, seine Lieblingsgerichte zubereitet: Möhren- oder Sauerampfersuppe, Schwarzbrotpudding oder Apfel-Kirsch-Auflauf. Rezepte aus ihrem Adenauer-Rezeptbuch gibt es sogar zum Mitnehmen. 

Adenauers Leben wird mit mehr als 500 Exponaten, Videos, Bildern und Medienstationen auf einer Fläche von 300 Quadratmetern in Szene gesetzt, bietet die 2017 eröffnete Dauerausstellung „Konrad Adenauer 1876–1967. Rheinländer, Deutscher, Europäer“ im unterhalb des Hauses gelegenen Ausstellungsgebäude. Texttafeln erläutern den historischen Kontext und lassen Adenauer in Zitaten selbst zu Wort kommen. Aber die Ausstellung zeigt ihn auch als Familienvater, Bocciaspieler, Rosenliebhaber und Erfinder. Er erfand alle möglichen skurrilen Alltagsgegenstände, wie ein leuchtendes Stopfei oder eine Gießkanne mit klappbarem Brausekopf. Auch eine Veggiewurst aus Soja geht auf sein Konto, ebenso wie ein Notbrot aus Maismehl, um die Lebensmittelnot im Krieg zu lindern. 

1979, nur wenige Jahre nach seiner Kanzlerschaft, zog Willy Brandt mit seiner späteren Ehefrau Brigitte Seebacher nach Unkel. Am 30. April des Umzugsjahres taucht in seinem Terminkalender erstmals die Notiz „Heimfahrt nach U.“ auf. Dieser Hinweis auf die „Heimfahrt“ spiegelt das, wie Seebacher-Brandt vermutet, was den Weltbürger und Friedensnobelpreisträger mit der kleinen Stadt vor den Toren Bonns verbunden hat. Sie wurde zur Heimat. 

Durch ehrenamtliches Engagement wurde in der Heimat Unkel 2011 im ehemaligen Sparkassengebäude ein Museum zur Zeitgeschichte realisiert 0150 mit einer 300-Quadratmeter-Dauerausstellung. Ausstellungsmacher und ehrenamtlicher Kurator des „Willy-Brandt-Forums“ (WBF), wie das Museum heißt, war Jürgen Reiche, der im Hauptberuf Ausstellungsdirektor des Bonner Hauses der Geschichte war. Das Museum blickt auf die Unkeler Jahre, nach der Zeit von Brandts Kanzlerschaft. 

Gleich am Eingang steht der Bundestagssitz Nummer 5, auf dem Brandt im alten Bonner Plenarsaal neben Herbert Wehner saß. Auf Monitoren sind Szenen seiner Auslandsreisen zu sehen. Interaktive Elemente bieten vor allem für Jugendliche spielerischen Zugang zur Person Brandt und zum zeitgeschichtlichen Kontext. Herzstück der Ausstellung ist das originale Arbeitszimmer von Brandt aus seinem Wohnhaus in Unkel. Am Schreibtisch steht seine Aktentasche, auf der Schreibtischplatte liegen Brille und Stift. Man hat den Eindruck, als wäre Brandt nur mal hinausgegangen. Zu sehen sind außerdem Erinnerungsstücke an Weggefährten wie Egon Bahr, Bruno Kreisky oder Günter Grass. 

Das Untergeschoss erinnert an die ehemalige Sparkasse. Im ehemaligen Tresorraum erzählen Zeitzeugen medial, wie sie Brandt in seinem Wohnort erlebt haben. Auch die Schließfächer sind erhalten und jetzt Teil des narrativen Ausstellungskonzepts. Zieht man an den Schlüsseln, öffnen sich die Fächer, in denen Film- und Tondokumente aber auch Originalobjekte verborgen sind. Dazu gehört sogar die Schere, mit der die Unkeler Friseurin Brandt die Haare schnitt. Im Untergeschoss zu sehen sind außerdem Brandt-Porträts und Fotos von hochkarätigen Künstlern wie Thiemann, Heisig und das berühmte Brandt-Porträts von Georg Meistermann, das für die Kanzlergalerie im Bundeskanzleramt bestimmt war. 

Auch wenn beide Kanzler offenbar ein Faible für das Leben am Rhein in Sichtweite des Drachenfels hatten, hatten sie doch komplett unterschiedliche Auffassungen davon, wo die Zukunft von Deutschland ihre Bühne bekommen soll. Während “der Alte” vehement dafür kämpfte, dass nicht Frankfurt sondern Bonn Bundeshauptstadt wird, setzte sich Brandt dafür ein, das es wieder Berlin wird. Beim Hauptstadtbeschluss vom 20. Juni 1991, als darüber abgestimmt wurde, infolge der deutschen Wiedervereinigung den Sitz von Bonn nach Berlin zu verlegen, stimmte Brandt für Berlin und damit gegen Bonn, was ihm viele Unkeler auch übel nahmen. Sabine Nitsch

Adressen und Öffnungszeiten

Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus
Konrad-Adenauer-Straße 17
53604 Bad Honnef-Rhöndorf
Telefon: 02224/921-0 Fax: 02224/921-111
Infos: info@adenauerhaus.de

Geöffnet von Mai bis September:
Di - So 10:00 - 18:00 Uhr montags geschlossen
Oktober bis April: Di.-So. 10:00 - 16:30 Uhr
sonntags geschlossen

Der Eintritt ist frei

Bundeskanzler Willy Brandt Stiftung
Willy-Brandt-Forum Unkel
Willy-Brandt-Platz 5
53572 Unkel/Rhein
Geöffnet: Dienstag bis Sonntag, 11:00 bis 17:00 Uhr
Der Eintritt frei


Fragen zu Anmeldung, Preisen und Terminen:
Tel.: 02224/984 074 0
Infos: www.willy-brandt.de