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Der Rittersturz: Die Wiege des Grundgesetzes stand in Koblenz

Der Rittersturz: Die Wiege des Grundgesetzes stand in Koblenz

23.05.24
Der Rittersturz: Die Wiege des Grundgesetzes stand in Koblenz

Die Wiege des Grundgesetzes, das Hotel Rittersturz. Das Gebäude musste 1974 wegen Felssturzgefahr abgerissen werden. Foto: RZ-Archiv

Vor 75 Jahren wurde das Grundgesetz beschlossen – kurz davor wurde Demokratiegeschichte in Koblenz geschrieben: In einem heute nicht mehr existenten Berghotel wurde in der Rittersturz-Konferenz vom 8. bis 10. Juli 1948 die Grundlage des Grundgesetzes beschlossen. Wie kam es dazu? 

In den sogenannten Frankfurter Dokumenten hatten die Oberbefehlshaber der drei westlichen Besatzungsmächte Frankreich, Großbritannien und USA die Ministerpräsidenten beauftragt, eine verfassungsgebende Nationalversammlung vorzubereiten und die westdeutschen Ländergrenzen neu zu ordnen. Dies sollte auf der Rittersturz-Konferenz im Hotel Rittersturz beraten werden. Die Ministerpräsidenten bekannten sich alle zur deutschen Einheit. In ihrer Antwort an die Generale schreiben sie, dass alles vermieden werden musste, was geeignet sein konnte, die Spaltung zwischen Ost und West weiter zu vertiefen. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Peter Altmeier, der den Vorsitz hatte, betonte zum Auftakt der Konferenz: „Wir wollen die Türen so groß bauen und so weit offenhalten, dass jederzeit die Länder des deutschen Ostens in dieses neue Deutsche Haus Einkehr halten können.“ Weiter erklärten die Ministerpräsidenten, es müsste alles vermieden werden, was dem zu schaffenden Gebilde den Charakter eines Staates verleihen würde. Bei dem zu schaffenden Verwaltungsgebiet und bezüglich einer Verfassung könne es sich daher nur um ein Provisorium handeln. Eine Verfassung, bestätigt durch einen Volksentscheid, könne erst dann geschaffen werden, wenn das gesamte deutsche Volk die Möglichkeit besitzt, sich in freier Selbstbestimmung zu konstituieren. Man beschloss daher einen parlamentarischen Rat einzuberufen, der als vorläufige Verfassung ein Grundgesetz ausarbeiten sollte. Beobachter der Konferenz waren unter anderen Konrad Adenauer (CDU) und Erich Ollenhauer (SPD). Bürgermeister Max Brauer erklärte am 14. Juli 1948 im NDR, die Koblenzer Konferenz sei nach seiner Meinung die wichtigste deutsche Konferenz nach der Kapitulation geworden. Die verantwortlichen Regierungschefs seien über alle Länder-, Zonen- und Parteigrenzen hinweg zu Beschlüssen gekommen, deren politische Tragweite nicht weit genug unterstrichen werden kann. Auch sei man nicht der Versuchung erlegen, sich über Partei- und Ländergrenzen auseinanderzureden und damit im politischen Marasmus zu versinken. 

Das Berghotel wurde vor rund 50 Jahren wegen Hangrutschgefahr abgerissen. Seine Bedeutung aber hallt bis heute nach. „Die Erfolge unserer Demokratiegeschichte müssen wir sichtbarer machen und wir müssen sie feiern. Wir müssen die Kraft, die von symbolträchtigen Orten wie dem Rittersturz ausgeht, neu schätzen lernen“, hatte der rheinland-pfälzische Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) im vergangenen Jahr bei einem Festakt betont, den der Landtag und die Stadt Koblenz anlässlich des 75. Jubiläums der Rittersturz-Konferenz im historischen Koblenzer Ratssaal veranstalteten. An gleicher Stelle hatte die erste Landesregierung unter Ministerpräsident Peter Altmeier getagt, bevor sie nach Mainz umzog. Winfried Scholz