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Konjunkturumfrage

Baubranche, Industrie und Handel erwarten ein schlechtes Jahr

05.02.23
Konjunkturumfrage

Foto: m.mphoto stock.adobe.com

Wegen hoher Energiekosten und gestörter Lieferketten rechnen 39 Prozent der Unternehmen in Deutschland mit einem Rückgang ihrer Geschäftstätigkeit. Das zeigt die neuste Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Vor allem die Baubranche stellt sich auf eine Rezession ein.

Anfang 2022 waren die Unternehmen noch optimistisch. Anhaltend hohe Energiepreise und Materialprobleme haben die gute Stimmung zunichte gemacht. In der aktuellen Konjunkturumfrage rechnen 39 Prozent der Unternehmen in Deutschland nun mit einem Rückgang ihrer Geschäfte. Für die Umfrage hat das IW im November mehr als 2.500 Unternehmen aus ganz Deutschland befragt. 26 Prozent rechnen mit einem besseren Geschäftsjahr, 35 Prozent erwarten eine Stagnation.

Vor allem in der Baubranche droht eine ernste Rezession: Mehr als die Hälfte der dort tätigen Unternehmen erwartet einen Umsatzrückgang im neuen Jahr ein Anstieg um mehr als 20 Prozentpunkte im Vergleich zum Sommer 2022. Gerade einmal 15 Prozent gehen von einem Zuwachs aus.

Auch in der Industrie ist die Stimmung düster. Der Anteil der pessimistisch gestimmten Unternehmen ist mit 39 Prozent hoch, 28 Prozent schauen positiv auf 2023.

In der Dienstleistungswirtschaft ist das Bild gemischt. Der Handel erwartet ein eher schlechtes Jahr, IT und Medien rechnen mit vollen Auftragsbüchern. Insgesamt halten sich die Unternehmen mit positiven (29 Prozent) und negativen (32 Prozent) Erwartungen in etwa die Waage.

Regionale Unterschiede sinken

Im Sommer 2022 waren noch deutliche regionale Unterschiede sichtbar geworden. Die gestörten Lieferketten beeinträchtigten insbesondere die stärker von der Industrie geprägten Teile des Landes. Regionen wie Rheinland-Pfalz, die von der guten Konjunktur im Pharmasektor profitieren konnten, waren weniger betroffen. In der neuesten Konjunkturumfrage zeigen sich nur noch wenige regionale Unterschiede.

In allen Teilen Deutschlands blicken die Unternehmen pessimistisch auf ihre Geschäftsaussichten. Besonders düster sieht es in Sachsen und Thüringen aus, wo nur noch 17 Prozent der Betriebe mit einem guten Jahr rechnen. Die beste Stimmung herrscht noch in Bayern, allerdings dominiert mit 33 Prozent auch hier der Anteil der Pessimisten.

Energiekrise trifft alle Teile des Landes

,,In der Corona-Pandemie konnten manche Regionen die Krisenfolgen noch wegen ihrer strukturellen Gegebenheiten abfedem", sagt IW-Konjunkturforscher Michael Grömling. Die Energieversorgung bleibt unsicher, das trifft alle Teile des Landes gleichermaßen. Für das neue Jahr ist das keine gute Nachricht. Deutschland steht vor einer neuen Rezession". IW Köln


Wohlstandsverluste

Der Krieg kostet die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr 175 Milliarden Euro

Nach drei Jahren haben die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie endlich nachgelassen - das trifft aber noch längst nicht auf den Ukrainekrieg zu: Neue IW-Berechnungen beziffem die wirtschaftlichen Einbußen in 2023 auf 175 Milliarden Euro. Das entspricht Wohlstandsverlusten von 2000 Euro je Einwohner.

Die deutsche Wirtschaft steht vor einer Zeitenwende, fürchtet die Förderbank KfW: Besonders der Fachkräftemangel und eine mäßige Produktivitätsentwicklung bedrohen den deutschen Wohlstand. Neue IW-Berechnungen beziffem, welche Einbußen schon in 2023 zu erwarten sind: Demnach kosten der Ukrainekrieg und alle damit verbundenen wirtschaftlichen Bedrohungen rund 175 Milliarden Euro an Wertschöpfung. Das entspricht preisbereinigt etwa 4,5 Prozent des BIP. Für die Berechnung wird die aktuelle Lage mit einem kontrafaktischen Konjunkturverlauf verglichen, also einer Welt, in der es keinen Krieg und damit keine hohen Energiepreise oder Lieferengpässe gibt. Die direkten Wohlstandsverluste lassen sich somit auf 2000 Euro je Einwohner beziffern.

595 Milliarden Euro Verluste seit Pandemiebeginn

Schon in den vergangenen drei Jahren mussten die Deutschen enorme Wohlstandsverluste hinnehmen, wie die Berechnungen zeigen: Bereits auf das Pandemiejahr 2020 entfiel infolge von Lockdowns und Unsicherheit ein Wertschöpfungsverlust von 175 Milliarden Euro. 2021 ergab sich ein weiterer BIP-Verlust von 125 Milliarden Euro, für 2022 dürften sich Einbußen auf knapp 120 Milliarden Euro belaufen haben. Insgesamt summieren sich die Produktionsausfälle somit bis Ende 2023 auf 595 Milliarden Euro.

Deutschland weiter im Krisenmodus

Dabei lassen sich vor allem drei verschiedene kriegsbedingte Probleme identifizieren:

Zum einen ist Energie nach wie vor unsicher, Unternehmer befürchten Störungen und Notlagen, beispielsweise bei kritischen Infrastrukturen.

Hinzu kommen hohe Kosten, nicht nur für Strom und Gas, sondern auch für Vorleistungen und Rohstoffe - das bedroht die Wettbewerbsfähigkeit. ,,Nicht alle Kosten lassen sich an Käufer weitergeben", sagt IW-Konjunkturchef Michael Grömling. Die Folge: Unternehmen entscheiden sich im Zweifel gegen geplante Investitionen.

Gleichzeitig belastet die Situation aber auch Käufer: Private Haushalte fragen weniger Güter nach, der Kauf des nächsten Autos wird aufgeschoben, wenn er nicht unumgänglich ist.

,,Die Situation ist nach wie vor sehr fragil", sagt IW-Ökonom Michael Grömling. Die Ausnahmesituation wird uns auch in den kommenden Monaten beschäftigen und Wohlstand belasten." IW Köln