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„Wir finden einen Weg“

„Wir finden einen Weg“

Olga Ganis berät in Sachen Demenz

05.06.21
„Wir finden einen Weg“

Foto: Zöller

Olga Ganis ist eine junge Frau, die mitten im Leben steht. Seit Mitte der 90er Jahre lebt sie in Höhr-Grenzhausen und ist mit ihrer Familie (Mann und zwei Kindern) gut verwurzelt. Nach dem Studium der „Sozialen Arbeit“ in Köln kehrt sie in den Westerwald zurück. „Die Gründung einer Familie erschien mir auf dem Lande sinnvoller als in einer Großstadt“, erklärt sie lächelnd.

Im AWO Seniorenzentrum Kannenbäckerland in Höhr-Grenzhausen begann sie mit einer geringfügigen Beschäftigung, ursprünglich für den Übergang. Das war im Januar 2012. Daraus sind zehn Jahre geworden. Zusammen mit Kollegen hat sie den Sozialdienst aufgebaut und kam in Kontakt mit Bewohnern, ihren Angehörigen und Ehrenamtlichen. 2013 stieg sie auf zur stellvertretenden Sozialdienstleitung und hatte mit der Belegung, sprich Aufnahme, zu tun und jede Menge Beratungsgespräche zu führen. Sie nahm die Nöte und Ängste der Betroffenen und Angehörigen wahr.

Nach der zweiten Elternzeit übernahm sie die Aufgaben als Ehrenamtskoordinatorin. „Immer wieder etwas Neues, das finde ich spannend“, freut sich die 36-Jährige. Im Klartext hieß das, eine Stelle in Teilzeit, die sich gleichmäßig aufteilte in Sozialdienst und Koordination des Ehrenamtes. „Für mich waren auch die Kooperationen außer Haus interessant. Nicht zuletzt durch meine Familie verfügte ich über ein privates Netzwerk, das sehr gut ausgebaut war und mir auch im Beruf zugutekam.“

Wieder kam Bewegung in ihre berufliche Geschichte. Seit Juni 2020 ist sie dann nur noch Ehrenamtskoordinatorin. Mit 20 Stunden in der Woche ließen sich Beruf und Familie miteinander vereinbaren. „Die Konzentration auf einen Bereich tat mir gut“, erinnert sich Ganis. „Doch es kam anders als gedacht.“

Das Seniorenzentrum suchte und fand einen neuen Fokus: gemeinsame Aktivitäten mit den Menschen außerhalb der Einrichtung, einen lebendigen Austausch schaffen und fördern, „ins Leben gehen“, sich nicht abschotten, sondern auch die unmittelbare Nachbarschaft mit einbinden. „Gerade in den Zeiten von Corona haben wir gemerkt, dass und was alles fehlt. Aber wir haben improvisiert und weitergemacht. Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, erzählt Ganis.

„Als Einrichtung wollten wir uns öffnen und haben uns gefragt ‚Was können wir anbieten?‘“ Aus der Arbeit mit den Angehörigen hat sie gemerkt, wie viele Informationslücken es noch gibt.

Die Angehörigen kämen oft erst, wenn es schon fast zu spät sei und dann seien sie teilweise überfordert mit „all den Baustellen“. „Es gibt einen enormen Bedarf“, bestätigt Olga Ganis. „Wir haben einen zertifizierten Demenzbereich, der regelmäßig geprüft wird. Das bedeutet, dass wir eine Fachkompetenz aufweisen, eine spezialisierte Einrichtung sind.“ Zunächst war das nur ein Stockwerk.

Nach dem Umbau im Jahr 2014 wurde zu einem eigenen Wohnbereich erweitert. Mittlerweile besteht eine Warteliste, weil die Nachfrage so groß ist. „Im vergangenen Sommer haben wir ein Konzept zum Thema Demenz außerhalb der Einrichtung erstellt und einen Förderantrag eingereicht. Die Bewilligung erfolgte im Oktober 2020.“ Das AWO Seniorenzentrum ist somit in der zweiten Förderwelle des Bundesprogramms „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Gefördert werden Netzwerke, dort, wo es noch an Strukturen zur Unterstützung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen fehlt. Sie erhalten über drei Jahre insgesamt 30 000 Euro. „Mit diesem Geld und Hilfe unserer Netzwerkpartner aus der VG konnten wir endlich unsere Ideen umsetzen“, freut sich Olga Ganis.

Auch ihre Beratungsstelle wird von diesem Fördergeld finanziert. Sie ist zehn Stunden als Ehrenamtskoordinatorin tätig und zehn Stunden als Beraterin und Netzwerkmanagerin. Manchmal muss man eben jonglieren.“ Sie bietet eine mobile Beratung in der Verbandsgemeinde an und „pendelt mit ihrem Köfferchen“, wie die Kollegen liebevoll sagen, jeden Donnerstag in eine Ortschaft von Höhr-Grenzhausen, montags hat sie eine telefonische Sprechstunde. Olga Ganis ist empathisch und teilt die Sorgen der Menschen, die mit dem Thema Demenz beschäftigt sind, ohne darin zu versinken. Davor bewahrt sie ihre fundierte Ausbildung. Sie nimmt die Menschen an die Hand und geht mit ihnen den Weg oder zeigt ihnen einen solchen auf. Sie brennt für ihre Arbeit, das spürt man sofort, wenn man sie erlebt, in ihren Worten, in ihren Gesten. Sie ist emotional stark. (Doris Kohlhas)