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Winzersekt ist Lebensfreude im Glas

Auf den Landesgeburtstag wird mit Schaumwein aus Rheinland-Pfalz angestoßen – Was die Zukunft des Weinbaus beeinflusst

26.05.22
Winzersekt ist Lebensfreude im Glas

Zum 75. Landesgeburtstag kommt Winzersekt aus den rheinland-pfälzischen Anbaugebieten ins Glas. Die Winzerinnen Anette Closheim (von links), Eva Vollmer und Lena Endesfelder haben dafür den richtigen Tropfen. Foto: Jens Weber

„Die Farbe ist ein blasses Zitronengelb mit grünen Reflexen.“ – „In der Nase habe ich Zitrusfrüchte, Apfel.“ – „Ich rieche auch Ananas.“ – „Ja, aber auch irgendetwas was Grünes.“ – „Ja, so was wie grüne Walnüsse.“ Kurze Pause, die Gruppe nimmt einen Schluck. „Die Fruchtaromen finden sich auch auf der Zunge wieder.“ – „Die Säure ist angenehm.“ – „Der Sekt ist wunderbar feinperlig.“ – „Sehr elegant.“ – „Ja, wie bei einem Champagner.“

Ein 75. Geburtstag ist ein hervorragender Anlass, um anzustoßen. Ins Glas kommt im deutschen Weinland Nummer eins dafür natürlich nur bester Winzersekt. Genau wie an diesem Tag im Gastronomischen Bildungszentrum Koblenz, das die Wein- und Sommelierschule beheimatet. Dort lernen im aktuellen Kurs acht junge Frauen und ein junger Mann von Dozentin Yvonne Heistermann, wie man das flüssige Genussmittel verkostet und bewertet. Die meisten kommen aus der Gastronomie und bilden sich weiter, andere kommen aus einem Winzerbetrieb und stellen ihr Weinwissen auf professionelle Füße. Alle eint die Liebe zum Genuss.

Der Weinbau prägt das Bundesland, sechs der 13 deutschen Anbaugebiete liegen in Rheinland-Pfalz, kleine und große. Rund zwei Drittel der deutschen Rebfläche gestalten auch optisch die Landschaft, egal, ob in den Flächen der Pfalz oder im rheinhessischen Hügelland, in den Steillagen an der Mosel oder an den Flusshängen von Rhein, Nahe oder Ahr. 7500 Betriebe erzeugen pro Jahr rund sechs Millionen Hektoliter Wein.

Beim zweiten Sekt begeistert die Sommelierschüler das Aroma von reifen Früchten wie Pfirsich und Melone, vor allem aber das cremige Mundgefühl. „Ich habe den ganzen Mund voll mit Perlen“, bringt eine angehende Sommelière es auf den Punkt. Und auch der dritte Schaumwein überzeugt die Weinexperten mit ausgeprägter Frucht in Nase und am Gaumen sowie einem cremigen Schmelz im Mund. Die Sekte für die Verkostung spendiert haben drei Winzerinnen aus den Anbaugebieten Mosel, Rheinhessen und Nahe und freuen sich auf die professionelle Bewertung ihrer Erzeugnisse. Lena Endesfelder aus Mehring an der Mosel, Anette Closheim aus Langenlonsheim an der Nahe und Eva Vollmer aus Mainz-Ebersheim im großen Anbaugebiet Rheinhessen stehen beispielhaft für all die großen und kleinen Weingüter in Rheinland-Pfalz, für die Zukunft ihrer Branche, ihrer Weinkultur. Neben einem wachsenden Anteil von Bioweinen spielen auch immer mehr Frauen eine führende Rolle in den rheinland-pfälzischen Weingütern.

Lena Endersfelder ist für den Wein im Familienweingut an der Mosel verantwortlich, Schwester Sarah und Mutter Cordula kümmern sich um den Vertrieb und alles Organisatorische, das in einem Betrieb so anfällt. Drei Frauen halten das Weingut am Laufen – nach dem plötzlichen Tod des Vaters keine leichte Aufgabe. Ihr Rieslingsekt brut wird nicht selbst hergestellt, denn „Winzer haben immer zu wenig Platz“. Lena Endesfelder arbeitet daher mit dem Josephshof in Graach zusammen, bei dem auch Menschen mit Behinderung arbeiten.

Auch Anette Closheim kommt aus einer Winzerfamilie und ist studierte Weinbetriebswirtin. Nach einem kleinen Ausflug in die Welt der Spirituosen führte ihr Weg sie zurück an die Nahe und ins elterliche Weingut, das die Familie seit 150 Jahren betreibt. Von ihrem Vater bekam sie eigene Rebflächen, um sich auszuprobieren – erfolgreich, wie zahlreiche Auszeichnungen schnell zeigten. Der Sekt, den sie für die Verkostung mitgebracht hat, war ihre letzte Flasche, wie sie lachend erzählt. Sie lässt den Chardonnay, ihre liebste Rebsorte für Sekt, von einem kleinen Betrieb versekten – immer nur zu Weihnachten und zum Jahreswechsel. Wer davon etwas abhaben will, muss also schnell sein.

Eva Vollmer führt ein biozertifiziertes Weingut im rheinhessischen Mainz-Ebersheim und hat es gründlich umgekrempelt. Hat das Familienweingut früher nur die Trauben angebaut und dann an eine Winzergenossenschaft verkauft, hat Eva Vollmer 2007 damit begonnen, aus ihren eigenen Trauben auch den eigenen Wein zu machen. Ihr Weißburgundersekt brut trägt den augenzwinkernden Zusatz „Unsere dicke Burgunderberta fordert zum Tanz: Nuss und Quittenaromen wirbeln grazil wie prickelnder Samba durch Mund und Schlund.“

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Riechen, sehen, schmecken – das professionelle Verkosten von Weinen und Sekten mit allen Sinnen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Kurs der Sommelierschule des Gastronomischen Bildungszentrums in Koblenz. Die Winzersekte von der Mosel, der Nahe und aus Rheinhessen konnten die geschulten Gaumen überzeugen. Fotos: Jens Weber

Winzersekt oder Champagner?

Die Frage, ob zu einem Jubiläum Winzersekt oder Champagner ins Glas kommt, beantworten die drei unisono: Natürlich Winzersekt! Hinter dem für Luxus und Qualität stehenden Champagner müssen sich die deutschen Geschwister nicht verstecken – die Herstellungsart mit Flaschengärung ist die gleiche, und am Ende bestimmt sowieso der eigene Gaumen, ob es schmeckt. „Wir sind sehr nah am Champagner dran“, sagt Lena Endesfelder. Den für Champagner typischen Geschmack nach Brioche können auch deutsche Sekte haben, dafür stimmten die klimatischen Voraussetzungen, „das müssen wir gar nicht nachahmen“, ergänzt Eva Vollmer. Aber: „Die Urform des deutschen Sektes ist der filigrane Spaß und Trinkgenuss, der auch ins Fruchtige gehen darf.“ Das Gefühl einer fröhlichen Party könne ein guter Winzersekt besser einfangen und widerspiegeln als ein schwerer, anstrengender Champagner. Lena Endesfelder ergänzt: „Ich finde, wir müssen uns nicht mit Champagner vergleichen.“ Wir haben etwas eigenes“, stimmt ihr Anette Closheim zu, „aber Champagner steht eben für etwas Besonderes, für Luxus und für Qualität“, sagt die Winzerin. „Es ist noch nicht genug beim Verbraucher angekommen, dass wir das auch haben.“ Und das zu einem deutlich besseren Preis. Die Sekte, die die drei Winzerinnen mitgebracht haben, liegen pro 0,75-Liter-Flasche zwischen 10,50 und 15 Euro. Preise, bei denen Massenchampagner gerade erst anfangen. Im Discounter.

Der große Vorteil beim Winzersekt: Man kann bei den meisten Winzern am Hof die Weine und Sekte kosten, bevor man sie kauft. Dabei mit den Weinmachern ins Gespräch kommen, ein Stück vom rheinland-pfälzischen Lebensgefühl erfahren. Das bietet kein Champagner im Supermarkt.

Die Zukunft des Weinbaus

Was ist das große Thema, das den Weinbau in der Zukunft bestimmen wird? Ziemlich unisono kommt von den drei Winzerinnen das Stichwort Klimawandel, gefolgt von Nachhaltigkeit. Ein ressourcenschonender Betrieb ist allen wichtig. Dazu gehört auch ein Stück Rebellion: Die Winzerinnen und Winzer, die beim Sekt auf die Kapsel, also die Abdeckung von Korken und Agraffe (das Drahtgeflecht, das den Korken in der Flasche sichert), verzichten, riskieren Ärger mit dem Landesuntersuchungsamt, das für die Weinkontrolle zuständig ist. Die Kapselpflicht – eine EU-Vorschrift – wurde erst im Juli 2021 von einem Trierer Gericht bestätigt, einige Winzerinnen und Winzer, darunter auch Eva Vollmer und Lena Endesfelder, halten das für einen Fehler. Der Verzicht von Alu- oder Plastikkapseln würde Tausende Tonnen CO2 einsparen, einen echten Nutzen habe die Kapsel nicht. Wie dieser Streit, der auch weiterhin vor Gerichten ausgetragen werden soll, ausgeht, wird sich zeigen.

Das klimaschädliche CO2 einzusparen, ist auch das Stichwort für ein Projekt, das Eva Vollmer ganz besonders am Herzen liegt: die Zukunftsweine. Diese neuen Rebsorten sind auch als Piwis, also als pilzwiderstandsfähige Sorten bekannt und spielen in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Noch, ist Eva Vollmer sicher. Denn die Zukunftsweine haben aus ihrer Sicht große Vorteile: Durch die größere Widerstandsfähigkeit gegen Pilzkrankheiten brauchen die Winzerinnen und Winzer weniger Pflanzenschutzmittel und schonen so die Umwelt, auch indem sie weniger oft mit schwerem Gerät durch die Weinberge fahren und den Boden verdichten. Bis zu 80 Prozent an Herbiziden und Insektiziden können so durch Piwis eingespart werden, genau wie CO2. „Und das ist mal ein Wort“, sagt Eva Vollmer. Insbesondere Bioweingüter setzen daher auf die neuen Züchtungen. Auch für den Klimawandel und seine Folgen sind die Zukunftsweine besser gerüstet. Lange Trockenperioden stehen übermäßigen Regengüssen gegenüber, all das kann bei den traditionellen Rebsorten zu Ernteausfällen führen, Piwis sind da deutlich robuster.

Der Umbau geht nicht von heute auf morgen. Etwa drei Jahre dauert es, bis von neu gepflanzten Reben der erste Ertrag eingefahren werden kann. Doch Eva Vollmer ist sicher, dass der Weinbau der Zukunft um eine Anpassung an den Klimawandel nicht herumkommt. „Entweder muss man in bestehende Sorten die Widerstandsfähigkeit einkreuzen, oder man setzt direkt auf Zukunftsweine.“

Übrigens: Profis lassen den Sektkorken nicht knallen, erklären die künftigen Sommeliers und demonstrieren es gekonnt: Kontrolliert wird der Korken festgehalten, mit der anderen Hand die Flasche gedreht, bis mit einem leisen Pffft der Druck entweicht. Zum 75. Geburtstag darf es aber auch ein freudiges Knallen sein, oder? Kathrin Hohberger