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Industriestromkosten in Deutschland: Preisanreize müssen bleiben

Industriestromkosten in Deutschland: Preisanreize müssen bleiben

Der richtige Umgang mit dem Industriestrompreis

23.07.23
Industriestromkosten in Deutschland: Preisanreize müssen bleiben

Foto: TTstudio - stock.adobe.com

Horrende Stromkosten setzen den Industriestandort Deutschland unter Druck. Roberts Habecks Vorschlag einer Industriestrombremse kommt deshalb zur richtigen Zeit. Rund 25 Cent zahlten Unternehmen in Deutschland im zweiten Halbjahr 2022 durchschnittlich für eine Kilowattstunde Strom – knapp mehr als im EU-Durchschnitt und etwa dreieinhalb Mal so viel wie in den USA, wie eine Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt Im internationalen Wettbewerb droht die deutsche Industrie damit unter die Räder zu kommen. Infolge der Energiekrise sind die Strompreise zwar auch in vielen anderen europäischen Ländern gestiegen. Ein Vergleich mit den Preisen des zweiten Halbjahrs 2020 zeigt aber: Die Bundesrepublik ist schon lange Hochpreisland. Das belegt, dass die Probleme bei den deutschen Energiepreisen in großen Teilen strukturell sind – selbst wenn die Energiekrise wieder abflacht, dürften die deutschen Standortnachteile bleiben. Der Wirtschaftsminister möchte deshalb mit einem fixen Brückenstrompreis von sechs Cent je Kilowattstunde den Industriestandort sichern.

Preisanreize müssen erhalten bleiben, damit es sich weiterhin lohnt, Windräder und Solaranlagen zu bauen und damit Strom dann verbraucht wird, wenn er an den Börsen durch hohe Einspeisungen durch Sonne und Wind besonders günstig ist. Ebenso sendet der Markt in Zeiten hoher Preise wichtige Sparanreize. Nur besonders energieintensive Unternehmen kommen in den Genuss der Förderung - und das auch nur für 80 Prozent des Stroms. Außerdem orientiert sich die Förderung am durchschnittlichen Börsenstrompreis, nicht an den tatsächlich gezahlten Preisen. Die Maßnahme schafft damit Anreize, günstigen Strom zu kaufen, wenn er verfügbar ist. Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich die gleichen Unternehmen, wie bei der Besonderen Ausgleichsregelung der früheren EEG-Umlage politisch konsistent. Der Preis von sechs Cent ist zudem gut gewählt. Er liegt nur leicht unter dem Preis, der derzeit bei langfristigen Verträgen für emeuerbare Energien gezahlt wird. Auch die EEG-Vergütung für Windkraftanlagen lag in den letzten Jahren in diesem Bereich. Damit möchte man an das erwartete Preisniveau des geplanten Transformationsstrompreises nach 2030 anknüpfen. Mit diesem Instrument soll grüne Energie mit Preiskorridoren und abgesicherten Verträgen gezielt gefördert werden. Das ist wichtig, um das notwendige Angebot an grünem Strom zu schaffen, denn nur so lässt sich der Preis nachhaltig senken. In der energieintensiven Industrie ist die Produktion zuletzt um 20 Prozent unter das Niveau von 2015 gefallen. Mit dem Brückenstrompreis will die Bundesregierung nun zeitnah reagieren, um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und den Unternehmen Anreize zur Elektrifizierung zu setzen - denn diese braucht es für die geplante Industriewende.

Foto: Coloures-pic-Fotolia.
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Wichtig ist, dass der Minister die Unternehmen bei der Umsetzung durch überbordende Bürokratie nicht ausbremst. Vor allem gilt es den konsequenten Ausbau der Erneuerbaren Energien voranzutreiben. Denn langfristig liegt darin der Hebel, die Strompreise zu senken und vor kurzfristigen Preisexplosionen zu schützen. Deshalb ist die Inanspruchnahme an eine Transformationsstrategie und an eine Standortgarantie der Unternehmen geknüpft, völlig sachfremd ist allerdings die Bedingung der Tariftreue. Offen bleibt, ob und wie durch eine Angleichung der Stromsteuer auf europäisches Mindestniveau oder verringerte Netzentgelte allen Unternehmen eine Entlastung gewährt wird. Mit Blick auf internationale Wettbewerbsfähigkeit wäre dies erwägenswert.

Prof. Dr. Michael Hüther, Andreas Fischer, Dr. Thilo Schäfer, IW Köln