Anzeige
Organspende: Ohne dieses Geschenk würde Mariele Höhn nicht mehr leben

Organspende: Ohne dieses Geschenk würde Mariele Höhn nicht mehr leben

Vor über 30 Jahren wurde der Westerwälderin eine Leber transplantiert - Um mehr Spenderorgane zu finden, geht am 18. März das Organ- und Gewebespenderegister online.

18.03.24
Organspende: Ohne dieses Geschenk würde Mariele Höhn nicht mehr leben

Mariele Höhn mit Dr. Andreas Molitor. Sie kann dank der Organspende seit nunmehr 33 Jahren ein normales Leben führen. Foto: Petra Dettmer

Mariele Höhn ging Anfang der 80er Jahre zu einer Routineuntersuchung. Sie war 21 Jahre jung. Ihr ging es gut, sie hatte keinerlei Probleme und auch ihr Körper signalisierte ihr keine Warnhinweise. Umso überraschter war sie, als der Arzt ihr mitteilte, dass ihre Leberwerte äußerst beängstigend seien – sogar lebensbedrohlich. Das war ein Schock für die junge Frau, die ihr Leben gerade erst plante. „Ich habe geweint und war total verzweifelt“, erinnert sich die heute 68-Jährige. Ein weiteres Problem: Die Ärzte konnten sich die hohen Leberwerte nicht erklären. Es dauerte fünf Jahre, bis endlich die Diagnose feststand: Primär Sklerosierende Cholangitis – eine nicht heilbare Autoimmunerkrankung der inneren und äußeren Gallenwege.

Lediglich ein Aufschub

Eine Entlastungsoperation sorgte zunächst einmal dafür, die Gallenwege wieder frei zu machen. So konnte Mariele vorerst weiter mit ihrer eigenen Leber leben, ihr Architekturstudium absolvieren und sogar ihre Tochter zur Welt bringen. „Während der Schwangerschaft waren meine Leberwerte super“, erzählt Mariele Höhn. „Doch anschließend verschlechterte sich mein Zustand rapide.“ Die folgenden Jahre waren eine Qual für die junge Mutter. Mariele bekam immer wieder Schüttelfrost, Fieber, ihre Haut wurde gelb, „so dass die Leute die Straßenseite wechselten, wenn sie mich sahen.“ 

Endlich ein Spenderorgan

1990 war der Zeitpunkt gekommen. Sie brauchte eine Spenderleber und wurde auf die Warteliste von Eurotransplant gesetzt. Ein Jahr später klingelte das Telefon um 21.30 Uhr. Der Anrufer teilte ihr mit, dass sie ein Spenderorgan für sie hätten. „Meine Tochter war damals fünf Jahre alt. Ich habe mich von ihr verabschiedet, wohlwissend, dass ich vielleicht nicht wiederkommen würde. Aber ich hatte keine Angst. Es war die einzige Chance, die ich unbedingt nutzen wollte.“ 

So dankbar für die Spende

Mariele Höhn schnappte sich den seit Monaten fertig gepackten Koffer und fuhr zur Flughafenklinik Frankfurt. Von dort ging es mit einem Privatflugzeug weiter an die Medizinische Hochschule Hannover. Am nächsten Morgen um 7.30 Uhr lag sie im Operationssaal. Fünf Stunden dauerte die Operation. Nach drei Wochen traten leider Komplikationen ein. Diese Zeit war nicht schön und auch sehr hart. „Aber es hat sich gelohnt. Ich bin dem Spender und seinen Angehörigen so dankbar. Durch die Spende kann ich seit 33 Jahren ein normales Leben führen“, sagt Mariele Höhn voller Dankbarkeit. Auch wenn sie täglich Immunsuppressiva nehmen muss, damit das Organ nicht abgestoßen wird.

„In Deutschland sterben immer noch jeden Tag drei Personen, die auf der Spenderliste stehen.“

Dr. Andreas Molitor Transplantationsbeauftragter des Ev. Stifts St. Martin

Tausende Patienten warten auf eine Organspende

Wie wichtig eine Organspende ist, sieht man eindrücklich am Beispiel von Mariele Höhn. Die Zahl der Organspender in Deutschland ist jedoch leider nicht sehr hoch. Ob aus Angst, Unwissenheit, Desinteresse oder Ignoranz – man weiß es nicht genau. Am 1. Januar standen 8394 Patienten in Deutschland auf der Warteliste für ein Organ. Transplantiert werden konnten im letzten Jahr nur 3247 Patienten. „Die Angst von Patienten und Angehörigen, dass vielleicht überschnell ein Organ entnommen wird, kann ich ihnen definitiv nehmen“, sagt der Transplantationsbeauftragte des Ev. Stifts St. Martin Dr. Andreas Molitor. Als Leitender Oberarzt der Intensivstation behandelt er schwerstverletzte Patienten. „Ich kann Ihnen versichern, dass wir alles tun, damit diese Patienten wieder gesund die Klinik verlassen können. Das ist unser oberstes Ziel.“ Aber natürlich gibt es auch Patienten, die nicht mehr gerettet werden können und hirntot sind. Das sind selten die Motorradfahrer, die immer in Diskussionen herhalten müssen. Es sind meist Patienten mit Hirnblutungen, Schlaganfällen oder Schädel-Hirn-Traumata. 

Organspende-Register geht online

Viele Bürger haben bereits einen Organspendeausweis ausgefüllt. Doch im Fall der Fälle wissen der Arzt oder die Angehörigen nichts von der Bereitschaft des potenziellen hirntoten Spenders. Aus diesem Grund wird am 18. März das www.organspende-register.de online gestartet, in dem sich jeder registrieren lassen kann. 

„Natürlich sprechen wir in jedem Fall mit den Angehörigen eines Hirntoten über eine Organspende, auch wenn wir wissen, dass der Patient einen entsprechenden Ausweis hat. Aber leider sprechen sich in sechs von zehn Fällen die Angehörigen gegen die Spende aus“, weiß Dr. Molitor aus Erfahrung. Entscheiden sich die Angehörigen dafür, wird von zwei Fachärzten unabhängig voneinander definitiv der Hirntod des Spenders festgestellt. Für die Entnahme der Organe kommt dann ein Team aus Mainz oder Kaiserslautern nach Koblenz. Über Eurotransplant wird entschieden, wohin das oder die Organ(e) gehen. Handelt es sich um eine Herz- oder Lungenspende, kommt das Team direkt aus dem Transplantationszentrum, in dem diese Organe transplantiert werden. 

Über das Organspende sprechen

„Ich begrüße das Online-Register“, sagt Mariele Höhn. „Denn mir liegt sehr daran, dass möglichst viele Menschen bereit sind, ihre Organe zu spenden. Aber ich befürchte, dass das Online-Register ein totgeborenes Kind ist. In Frankreich hat man das Register schon wieder abgeschafft. Die Widerspruchsregelung wäre mir persönlich lieber.“ Und dann richtet Mariele Höhn noch einen Appell an alle: „Sprechen Sie mit Ihren Angehörigen über dieses Thema. Lassen Sie Ihre Angehörigen nicht allein mit dieser Entscheidung. Wenn die Angehörigen wissen, was Ihr Wunsch ist, dann fällt ihnen die Entscheidung leichter.“ Und Dr. Andreas Molitor ergänzt: „Wir überreden niemanden. Angehörige müssen eine stabile Entscheidung treffen, die sie auch noch in fünf Jahren für richtig halten. Gespräche in der Familie über dieses Thema helfen.“ Petra Dettmer

Kennzahlen Deutschland

8394 Patienten, aktiv auf der Warteliste am 1. Januar 2024

4384 Neue Patienten auf der Warteliste im Jahr 2023

3247 Organtransplantationen von verstorbenen Spendern in 2023

84.359.000 Gesamtzahl der Bevölkerung in Deutschland

Quelle: Eurotransplant