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Bauschäden im Fokus

Bauschäden im Fokus

Winterzeit ist Schimmelzeit

20.11.21
Bauschäden im Fokus

Sowohl bauliche Mängel als auch falsches Nutzerverhalten führten zur Schimmelbildung. Foto: Georg Neu

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Die kalte und feuchte Jahreszeit birgt im Jahresverlauf die weitaus größte Gefahr von Schimmelbildung in Innenräumen. Besonders gefährdet sind Altbauten mit nicht ausreichendem Mindestwärmeschutz, aber auch durchaus neuere Gebäude, wenn Schwachstellen im Wärme- oder Feuchteschutz vorliegen, wie im vorliegenden Fall.

Zum Fall:

In einer Mietwohnung im Erdgeschoss eines circa zehn Jahre alten Mehrfamilienhauses kam es seit Mietbeginn zu immer wiederkehrender Schimmelbildung im Sockelbereich der Außenwände; insbesondere entlang der Holz-Fußleisten im Schlafzimmer sowie im benachbarten Wohnzimmer. An den mit Raufaser tapezierten Wandflächen und Fensterlaibungen zeigte sich Schimmelbildung bis zu 50 Zentimeter Höhe.

Zur Ursache:

Um der Schadensursache auf den Grund zu gehen, wird nach dem Ausschlussprinzip vorgegangen.

Ursachentyp 1:
Durchfeuchtungsschaden aufgrund von Leckagen an der Gebäudehülle (zum Beispiel Dach, Fassade, erdberührte Bauteile) oder eines Wasseraustritts innerhalb des Gebäudes

Ursachentyp 2:
hygrothermischer Schaden aufgrund eines Mangels am Bauwerk (nicht ausreichender Mindestwärmeschutz)

Ursachentyp 3:
hygrothermischer Schaden aufgrund des Nutzerverhaltens

Es folgen im ersten Schritt messtechnische Untersuchungen hinsichtlich der Bauteildurchfeuchtung, überprüfen des Wasserverbrauchs, aufnehmen visuell erkennbarer Schäden an der Fassade oder an Öffnungsanschlüssen und gegebenenfalls das Anlegen von Probeöffnungen.

Im zweiten Schritt werden Bauteile und Wärmebrücken auf die Einhaltung des Mindestwärmeschutzes hin gemäß DIN 4108–2 (Mindestanforderungen an den Wärmeschutz im Hochbau) messtechnisch und rechnerisch überprüft. Sind auch hier keine baulichen Mängel feststellbar, so verbleibt als dritte Schadensursache das Nutzerverhalten.

Im dritten Schritt wird der Aufwand des Nutzers überprüft, um die betroffene Wohnung oder das Bauteil schadenfrei zu halten. Dabei wird das Raumklima, die höchstzulässige relative Luftfeuchte und die Anzahl der erforderlichen Lüftungsvorgänge überprüft beziehungsweise berechnet. Auch das Wohnverhalten, die Belegung und die hygienischen Gegebenheiten und weitere Faktoren spielen eine Rolle.

In den meisten Fällen kommen mehrere Schadensursachen zusammen, so auch in diesem Fall. Durchgeführte Feuchtemessungen entlang der Sockelzone zeigten eindeutige Feuchtwerte auf, die eindringende Feuchte von außen als hauptsächliche Schadensursache belegten. Das außenseitig ohne Sockeldämmplatte ausgeführte Vollwärmeschutzsystem aus 120 mm EPS-Dämmung war circa 50 Zentimeter tief ins Erdreich geführt und stand mit der Unterseite in aufgestautem Wasser oberhalb der Tiefgaragendecke.

Die vorhandene Gebäudeabdichtung war nicht bis mindestens 150 Millimeter über das anstehende Gelände geführt. Eine Putzabdichtung fehlte. Kapillar aufsteigende Feuchte in der Dämm- und Kleberschicht der Dämmschicht konnte ungehindert in das Mauerwerk eindringen und führte zu den Durchfeuchtungen und Schimmelschäden auf der Innenseite.

Allerdings kam in diesem Fall auch ein falsches Nutzerverhalten erschwerend hinzu. Aufgrund möglicher, aber nicht ausreichender Wohnraumlüftung lag die relative Raumluftfeuchte tagsüber bei fast 70 Prozent. In Nachtzeiten bei geschlossenen Fenstern und Vollbelegung wird dieser Wert in kritischen Zonen wie Raumecken vermutlich die schimmelkritische Marke von 80 Prozent relativer Luftfeuchte überschreiten und das Schimmelwachstum noch fördern.

Fazit:

Es liegen sowohl bauliche als auch nutzerbedingte Ursachen vor, die zu den Schimmelschäden geführt haben. Die eindringende Feuchte von außen war die Hauptschadensursache. Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige für die Sockelinstandsetzung der Wohnungseigentümergemeinschaft eine Detaillösung mit Arbeitsanweisung für eine fachgerechte Sockelsanierung übergeben. Die Gebäudesockel sind umlaufend entsprechend zu sanieren.

Der Wohnungsmieter wurde vom Sachverständigen hinsichtlich seines Lüftungs- und Wohnverhaltens unterwiesen, um künftigen Schimmelschäden vorzubeugen. Für die Innenarbeiten zur Schimmelsanierung wurde die Beauftragung eines Fachbetriebes für Schimmelsanierung unter Einhaltung der Biostoffverordnung (BioStoffV) empfohlen.
 

Zur Person:

Georg Neu
öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger bei der HwK Koblenz

Maurer- u. Betonbauerhandwerk
Schwerpunkte:
„Bauwerksabdichtungen und Erkennung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzschäden“
(TÜV zertifiziert)