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Briten wollen lieber Mosel als Europa

Export auf die Insel stark gestiegen - Arge Probleme für Fassweinwinzer

05.02.23
Briten wollen lieber Mosel als Europa

Foto: rphfoto - stock.adobe.com

Mag sein, dass in den Zeiten des Brexit die Briten gedanklich und politisch von Europa weg zu driften scheinen, in einem halten Engländer, Schotten, Nordirland und Waliser dem Kontinent die Treue: Sie trinken gern Moselwein, mehr denn je. Um sage und schreibe 180 Prozent im Wert ging die Ausfuhr von Moselwein ins Vereinigte Königreich nach oben, das sind 5 Millionen Euro. Die positive Seite der Medaille sind die guten Exportchancen des Moselweins. „Der Export hat die Weingüter 2021 entlastet, er ist sehr gut gelaufen“, sagt Ansgar Schmitz, der Geschäftsführer der Moselweinwerbung.

Die Kehrseite der Medaille sind die Absatzchancen hierzulande, insbesondere für Fassweinwinzer in diesem Herbst. Zum Export ins Vereinigte Königreich lohnt ein näheres Hinschauen. Während der Wert der Moselweinflaschen exorbitant in die Höhe schnellte, wuchs die Menge „nur“ um gut 28 Prozent auf 800 000 Liter. „Die Briten scheinen im Gegensatz zu früher deutlich mehr höherwertige Steillagenrieslinge zu kaufen“, sagt Schmitz. Der Durchschnittpreis je Liter lag 2021 bei 5,91 Euro 2020: 2,71 Euro). Überhaupt entpuppt sich der Export nach dürren Jahren wieder als Zugpferd. Im Vorjahr hat der Export in der Menge um 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr und im Wert um 27,5 Prozent zugenommen – ein Trend, der dieses Jahr anhält. Und insgesamt sei die Ausfuhr von Moselweinen, so Ansgar Schmitz, „der Treiber des Exports von deutschen Weinen generell“.

Hohe Nachfrage sind auch für Japan (plus 45 Prozent in Wert und Menge), Schweden (plus 28,5 beziehungsweise 20,1), Finnland (plus 23/16,6), Dänemark (plus 39,4/34,7) und die Niederlande (plus 14,6/10,3) zu verzeichnen. Auf 29 000 Hektoliter Wein summierten sich die Exporte 2021 in die vier skandinavischen Staaten – sie sind „mit ihrem Durst nach Riesling seit Jahren ein stetig wachsender Markt für die Moselexporteure“. Den Vogel neben Großbritannien schossen aber Belgien (plus 225 Prozent im Wert/177,6) und Polen ab, wo 167 Prozent mehr Moselwein in der Menge gekauft wurde (Wert: plus 146,6 Prozent).

Auch in den baltischen Staaten habe sich der Erfolgskurs des Moselweins fortgesetzt, vor allem in Lettland. Im ersten Quartal 2022 verzeichnete der Export von Moselwein laut dem Verband Deutscher Weinexporteure ein Plus von 22,3 Prozent und im Wert von 12,2 Prozent von der Menge her. „Wir müssen auf die Exportmärkte stärker setzen, sie haben gute Perspektiven“, sagt Matthias Walter, Vorstandsmitglied im Moselwein-Verein. Seit dem 24. Februar jedoch ist alles anders. Mit Beginn des Krieges in der Ukraine sind die Kosten enorm gestiegen, bei Energie, Treibstoff, Flaschen, Kartonagen und Logistik.

Das bereitet der Moselweinwerbung Sorgen. Zumal 75 Prozent der gesamten Produktion im Inland abgesetzt werden. Dabei macht der Lebensmitteleinzelhandel inklusive Discounter fast die Hälfte aus. Etwas mehr als die Hälfte wird über den Winzerhof direkt, den Versand, über Onlinebeziehungsweise Fachhandel und Gastronomie erzielt. Ein Großteil der Weinmengen, etwa zwei Drittel, stammt von Fassweinwinzern – und die haben es hierzulande besonders schwer. Die Mostpreise liegen aktuell beim Riesling und Weißburgunder bei 1 Euro je Liter, Elbling und Müller-Thurgau sowie weitere weiße Sorten wie Kerner liegen mit 90 Cent je Liter darunter. „Zu den Mostpreisen muss man zum fertigen Wein noch gut 20 bis 25 Cent hinzurechnen“, erläutert Henning Seibert, der Vorsitzende des Moselweinvereins.

In Pfalz und Rheinhessen würden ähnliche Preise erzielt. Das sei kaum auskömmlich. „Eigentlich müsste der Fassweinpreis deutlich steigen, dies ist leider nicht der Fall, weil der Handel sehr zurückhaltend ist“, sagt Seibert, der gleichzeitig Geschäftsführer der Moselland-Kellerei in Bernkastel-Kues ist. Und er ergänzt: „Die Winzer bräuchten deutlich mehr.“

Die Discounter würden überdies Druck machen, unter anderem mit Konkurrenzprodukten aus Südafrika. Weinbaupräsident Walter Clüsserath gab ein Beispiel aus einem Fassweinbetrieb. Bei einer Rebfläche von 4 Hektar entspräche dies rund 35 Fuder an Wein und einem Bruttoumsatz von 40 000 Euro. „Davon kann man nicht leben, das sind keine guten Aussichten für die Zukunft“, resümierte Clüsserath. Thomas Brost