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Musizieren für Alle bei der Landesmusikakademie

Musizieren für Alle bei der Landesmusikakademie

Inklusionsprojekt wächst

28.02.22
Musizieren für Alle bei der Landesmusikakademie

Foto: Rainer Claaßen

Die Landesmusikakademie in Engers ist weit über Neuwied hinaus als eine Ausbildungsstätte bekannt, an der Musiker aus unterschiedlichsten Stilrichtungen und auf jedem Level sich weiterbilden können. Dieses Programm erfährt nun eine zusätzliche Erweiterung durch das Angebot „Inklusives Musikensemble Engers“.

Spricht man die stellvertretende Akademieleiterin Angelika Hollmann auf das Projekt an, findet sie passende Worte, um den Begriff „Inklusion“ zu erläutern: „Bei diesem Projekt geht es darum, dass nicht nur einfach jeder dabei sein darf. In diesem Projekt kann sich jeder und jede einbringen – egal in welcher Form sie dazu beitragen kann.

Das schließt ausnahmslos und bedingungslos alle mit ein.“ Zusammenfassend sagt sie: „Jeder Mensch ist anders, und darf es in unserem Projekt auch sein.“

Die Gruppe trifft sich seit Beginn des Jahres etwa einmal pro Monat in der Aula das Heinrich-Hauses in Engers. Der Begriff Inklusion wird häufig im Zusammenhang mit Menschen mit Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht, die ja im Heinrich-Haus Betreuung und Beschäftigung finden. Doch das Projekt des gemeinsamen Musizierens ist in jede Richtung offen – erfahrene Musiker sind ebenso dabei wie Menschen, die zum ersten Mal ein Instrument in die Hand nehmen. Herkunft, Aussehen oder kultureller Hintergrund spielen dabei keine Rolle.

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Foto: franz12 - stock.adobe.com

Unter dem Motto „...am liebsten gemeinsam!“ veranstaltet die Landesmusikakademie schon seit 2017 in halbjährlichem Rhythmus Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Inklusion.

Den Auftakt für die aktuelle Erweiterung dieses Angebots machte dann ein Wochenend-Workshop im vorigen Herbst. Eine Gruppe von etwa 30 Personen mit und ohne Behinderung musizierte dabei in der Aula des Heinrich-Hauses gemeinsam. Dozent bei dieser Veranstaltung war Robert Wagner. Der kennt sich mit dem Thema Inklusion bestens aus. Auf seinem Lehrkonzept „Max Einfach“ beruht dann auch das System, nach dem in der neuen Gruppe gearbeitet wird: Anstatt nach Musiktheorie vorzugehen oder direkte Spieltechniken zu vermitteln, werden anschauliche Bilder gewählt, die das Zusammenspiel erklären. So wird etwa der Viervierteltakt durch einen Vergleich mit Hotelzimmern veranschaulicht: In jedem davon sind Betten, die Platz für vier Personen bieten.

Ist allerdings ein Besucher so schwer, dass er ein Doppelbett für sich alleine braucht, bleibt nur noch Platz für zwei weitere Personen – solche Bilder sind für jeden nachvollziehbar und bleiben gut im Gedächtnis.

Nach Vorbereitungsterminen im vergangenen Dezember gab es inzwischen die ersten drei Termine, an denen jeweils eine Gruppe von etwa zehn Personen an ganz unterschiedlichen Stücken „arbeitete“: So stand etwa eine Polka auf dem Programm, das Stück „Ode an die Freude“ aus Beethovens neunter Sinfonie und das bekannte Kinderlied „Bruder Jakob“ – auch bei der Musikauswahl spielt die Vielfalt offenbar eine wichtige Rolle. Das gilt auch für die Instrumentenzusammenstellung: E-Bass, Gitarre, Cello, Xylophon, Glockenspiel und Ukulele kommen ebenso zum Einsatz wie ein Klavier, zwei Geigen, eine Mandoline und zwei Tischharfen sowie diverse Rhythmusinstrumente.

„Wenn Instrumente doppelt vorhanden sind, kann das sehr hilfreich sein. Die spielenden können sich gegenseitig unterstützen und einander Anregungen geben“ erklärt Angelika Hollmann. Während sie sich vor allem um die Organisation kümmert, sorgen Maria Marquardt, Michaela Kieffer und Berthold Langenfeld für die musikalische Leitung. Sie hoffen, dass die Gruppe bald weiteren Zuwachs erhält – aktuell kommen wegen der Pandemie noch nicht alle Interessenten zu den Terminen.

Wer selbst Lust hat, diese unkomplizierte Art des gemeinsamen Musizieren kennenzulernen, ist herzlich eingeladen, an einem der Termine mitzumachen. Die Termine finden in der Regel Mittwochs am Nachmittag statt. Anmeldungen laufen über Angelika Hollmann: info@landesmusikakademie.de, Telefon: 02622/9052-0.

Das junge Projekt hat bereits einige Aufmerksamkeit erregt. So nehmen etwa auch Menschen aus Ahrweiler und Umgebung daran teil, die von der Flutkatastrophe betroffen sind. Und Unterstützung gab es jetzt aus Montabaur: Die „Else Schütz Stiftung“ hat für das Projekt zehn Veeh-Harfen gespendet – möglicherweise erwächst daraus eine weitere Gruppe, die sich speziell auf dieses Instrument fokussiert. Rainer Claaßen