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Burnout – Und irgendwann geht nichts mehr

Burnout – Und irgendwann geht nichts mehr

27.03.21
Burnout – Und irgendwann geht nichts mehr

Foto: lassedesignen - stock.adobe.com

Die Diagnose „Burnout“ gibt im aktuell gültigen Diagnosekatalog ICD-10 noch nicht – erst 2022 ist eine Aufnahme dieses Syndroms geplant – und der nahezu inflationäre Gebrauch dieser Bezeichnung in den vergangenen Jahren hat dem, was hinter diesem Begriff steht, in Sachen Akzeptanz nicht wirklich geholfen.

Von „Burnout“ wurde in den siebziger Jahren erstmalig gesprochen, damals im Zusammenhang mit den Folgen hoher physischer und psychischer Belastung bei Berufen aus dem Gesundheitswesen. Allen Betroffenen gemein war und ist, dass Erschöpfung, eine Entfremdung von der beruflichen Tätigkeit und das Nachlassen der Leistungsfähigkeit die Hauptsymptome sind. Längst sind nicht mehr nur Angehörige der Gesundheitsbranche betroffen, zunehmender Druck am Arbeitsplatz, Stress, Über- aber auch Unterforderung und Konflikte am Arbeitsplatz können Ursache des Burnout-Syndroms sein.

Zunächst ist Erschöpfung eine vollkommen normale Reaktion auf hohe Belastung. Aber ab wann kann man von Burnout sprechen? Wo ist die Abgrenzung zwischen Burnout und Depression, bei der ähnliche Symptome auftreten können?

In dieser Ähnlichkeit liegt der Grund verborgen, warum viele Menschen, die an einer Depression leiden, mit der Diagnose „Burnout“ die Praxis verlassen. Die Folgen können fatal sein, denn bei einer Depression kann Ruhe – die bei einem Burnout hilfreich sein kann – die gesundheitliche Situation verschlechtern. Zunächst einmal ist wichtig, dass die Betroffenen sich selbst eingestehen, dass etwas nicht stimmt. Punktuell erschöpft zu sein, ist vollkommen normal, wenn dieser Zustand aber dauerhaft auftritt und mit der beschriebenen Entfremdung von der beruflichen Tätigkeit verbunden ist, wird es Zeit, Hilfe zu suchen.

Professor Andreas Hillert, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt an der medizinisch-psychosomatischen Klinik Roseneck in Prien am Chiemsee, hat einige Fragen formuliert, deren Beantwortung bei einer Selbsteinschätzung helfen kann.

- Ich erwarte von mir und meiner Arbeit mehr, als die meisten anderen Menschen von sich verlangen.
- Für mich ist es enorm wichtig, dass mich andere Menschen mögen.
- Wenn ich bei der Arbeit versage, bin ich als Mensch ein Versager.
- Ich frage Kollegen nicht gerne um Hilfe.
- Ich gehe nicht gerne Risiken ein.
- Ich vermeide Probleme im Beruf.
- Wenn etwas schief geht, mache ich mich oft selbst dafür verantwortlich.
- Ich gebe beruflich mehr, als ich in Form von Anerkennung oder Geld zurückbekomme.

Wer einige dieser Aussagen auf sich beziehen kann und zugleich seine berufliche Situation als bedrückend empfindet, wer nur noch widerwillig die Arbeit aufnimmt und sogar bis in den Schlaf von ihr verfolgt wird und auch am Wochenende keine Ruhe findet, bei dem liegt nahe, dass sich ein Burnout anbahnt oder bereits eingetreten ist.

Und irgendwann geht dann nichts mehr. Der erste Weg führt dann in der Regel zum Hausarzt, der zum Fachmediziner überweist. Einen Test wie zum Beispiel bei Infektionskrankheiten wie Corona gibt es im Fall von Burnout nicht – hier ist das Gespräch zwischen Arzt und Patient entscheidende Grundlage. Jeder Mensch ist anders, also ist auch der Burnout eines jeden Menschen ganz individuell in Ausprägung und Ursache. Kein Wunder also, dass die Behandlung auf jeden Patienten zugeschnitten ist und nicht mit der Vergabe eines allgemeingültigen Medikaments abgehandelt ist. Neben dem Erlernen von Strategien zum Zeitmanagement und der Stressbewältigung sind auch Entspannungstechniken und die Änderung der stressverursachenden Rahmenbedingungen ein Weg aus der Krise. Psychotherapie, insbesondere Verhaltenstherapie lehrt, wie man mit andauernden Stresssituationen besser umgeht, ohne krank davon zu werden, eine neue Sicht auf die Dinge hilft, Prioritäten neu zu definieren und eine Auszeit hilft, Körper und Geist zu „resetten“. In schweren Fällen ist ein stationärer Aufenthalt in einer Klinik und die medikamentöse Unterstützung der Behandlung erforderlich.

Burnout ist keine „Modekrankheit“ oder etwas, das „nur anderen passiert“, wichtig ist, dass Betroffene Hilfe zulassen. Dann ist eine vollständige Genesung möglich. J.S.