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Kardioversion – „Reset“ für das kranke Herz

Kardioversion – „Reset“ für das kranke Herz

27.03.21
Kardioversion – „Reset“ für das kranke Herz

Foto: LuckyStep - stock.adobe.com

Für die einen ist es der emotionale Mittelpunkt der eigenen Existenz – für andere der Sitz der Seele. Egal was man vom Herzen denkt, es ist das wichtigste Organ unseres Körpers. Wer jetzt den Kopf schüttelt und ans Gehirn denkt, dem sei gesagt, dass das Herz auch ohne das Gehirn funktioniert, auch wenn man das aus romantischer Sicht manchmal nicht so recht glauben will. Seine lebenswichtige Funktion ist im menschlichen Körper so abgesichert, dass ein Impuls von außen eigentlich nicht notwendig ist. Das Herz „erregt“ sich selbst. Um zu verstehen, was passiert, wenn mit dieser Erregung etwas nicht stimmt, schauen wir uns gemeinsam mit dem Kardiologen Dr. Ralf Rüdelstein, Chefarzt am St. Nikolaus Stifthospital in Andernach, das Herz und seine Funktion einmal genauer an.

„Meine Pumpe“ nennen viele Menschen ihr Herz und genau das ist es. Die Aufgabe des Herzens ist es, Blut durch den menschlichen Körper zu pumpen. Ein gesundes Herz pumpt das gesamte Blutvolumen des Körpers einmal pro Minuten durch den Kreislauf, also etwa fünf Liter. Belastet man sich körperlich, kann sich diese Leistung bis zur fünffachen Menge steigern. „Das Herz ist eine Hochleistungsmaschine“, sagt Dr. Rüdelstein. Um diese Aufgabe zu bewältigen, müssen die Muskeln im Herzen stimuliert, also angeregt werden, sich zusammenzuziehen. Das geschieht durch elektrischen Strom, den spezielle Zellen, die Schrittmacherzellen, erzeugen. Nun besteht das Herz nicht nur aus einer Kammer, in die Blut hinein- und wieder herausgepumpt wird. Das Herz besteht aus zwei Kammern mit je einem Vorhof, also insgesamt 4 „Räumen“. Die Vorkammern sind sozusagen die Turbolader des Herzens. Zwischen den Räumen sorgen die sogenannten „Segelklappen“ dafür, dass das Blut nur in eine Richtung, nämlich vom Vorhof in die Kammer fließt und nicht umgekehrt. Aus den Kammern selbst fließt das Blut durch Taschenklappen in den arteriellen Kreislauf.

Die Arbeitsweise des Herzens ist beeindruckend. Sauerstoffarmes Blut wird über die untere und obere Hohlvene zum rechten Vorhof des Herzens transportiert. Von dort aus gelangt es durch die Segelklappe in die rechte Kammer, die das Blut in den Lungenkreislauf pumpt, wo es mit Sauerstoff angereichert wird. Aus dem Lungenkreislauf kommt es in den linken Vorhof zurück und wird nach dem Wechsel in die linke Kammer zurück in den restlichen Körper geschickt.

„Um eine so komplizierte Leistung vollbringen zu können, müssen alle Aktionen fein aufeinander abgestimmt sein. Elektrische Impulse, die zur rechten Zeit bestimmte Teile des Herzens erregen wechseln sich mit Phasen ab, in denen das Herz nicht erregt werden kann, weil sich die Muskulatur nach einer Anspannung zwangsentspannt. Schon beim Lesen dieser Beschreibung wird klar, dass Störungen in dieser fein abgestimmten Choreografie fatale Folgen haben können,“ weiß der Kardiologe.

Neben anderen Erkrankungen des Herzens, die seine Funktion stören und damit unser Leben gefährden können, ist das Vorhofflimmern das Resultat einer aus dem Takt gekommenen Reizleitung. Normalerweise werden die Vorhöfe und Kammern des Herzens etwa 70 Mal in der Minute stimuliert und schlagen mit einer Verzögerung von rund 150 Millisekunden nacheinander. Diesen Rhythmus nennt man Sinusrhythmus. Beim Vorhofflimmern ist dieser Rhythmus durcheinandergebracht, die Vorhöfe erhalten bis zu 600 Impulse in der Minute. Der Blutfluss durchs Herz ist gestört, die Leistung des Herzens sinkt. Vorhofflimmern kann als Folge einer Erkrankung der Herzkranzgefäße auftreten oder Folge eines Bluthochdrucks sein, bei etwa 20 Prozent der Patienten liegt ein Herzklappenfehler vor. Ein Drittel der Patienten mit Vorhofflimmern haben keine erkennbare Vorerkrankung, eine Erkrankung der Schilddrüse ist bei etwa 3 Prozent der Fälle die Ursache. Aus dem Rhythmus geraten kann das Herz auch in Folge eines Stromschlags, ob im Zusammenhang mit einem Unfall oder als Folge einer Defibrillation.

Folge eines Vorhofflimmerns ist ein deutlich spürbarer Leistungsabfall, unregelmäßiger Puls und vor allem ein erhöhtes Risiko für Embolien, also Blutgerinnsel. Da das Blut nicht mehr geordnet durch das Herz fließt, können Stauungen entstehen, die die Bildung von Thromben begünstigen.

Was steht nun als Therapie für einen solchen Fall zur Verfügung? Dr. Rüdelstein nennt gleich zwei Möglichkeiten. „Die Kardioversion ist in vielen Fällen das Mittel der Wahl. Sie kann medikamentös oder elektrisch erfolgen. Im Fall einer elektrischen Kardioversion, wie wir sie in unserem Haus durchführen, wird der Patient in eine Kurznarkose versetzt und wir versuchen, mit einem gezielten, zeitlich genau abgestimmten Stromschlag das Herz wieder zu „resetten“, also den Rhythmus neu starten zu lassen. Das geschieht mit einem Defibrillator, allerdings nicht in einer Notfallsituation, wo es um die reine Stimulierung geht, um das Leben zu erhalten, sondern fein abgestimmt und unter EKG-Kontrolle.“ Der Behandlung, so sagt der Mediziner, gehe eine Ultraschalluntersuchung voraus, ein sogenanntes Schluckecho. Dabei wird der Schallkopf vom Patienten geschluckt, weil von der Speiseröhre aus besser zu erkennen ist, ob sich bereits Blutgerinnsel gebildet haben. Diese würden durch eine plötzliche Leistungssteigerung des Herzens in den Blutkreislauf geschwemmt und könnten zu Schlaganfällen führen, weshalb dieses Risiko ausgeschlossen werden muss. „Patienten, die ein Vorhofflimmern haben, erhalten im Normalfall blutverdünnende Medikamente, damit sich keine Thromben bilden.“

Ob eine Kardioversion erfolgreich war, erkennt man sofort. „Das angeschlossene EKG zeigt augenblicklich, ob der Rhythmus wiederhergestellt ist.“

Für Patienten, bei denen diese Behandlung nicht erfolgreich ist, bleibt noch die medikamentöse Kardioversion. Ihre Erfolgsquote ist nicht so hoch wie die der elektrischen Kardioversion, wo in 90 Prozent der Fälle eine Besserung eintritt, als Alternative für Patienten, bei denen der Eingriff nichts gebracht hat, ist sie dennoch gut geeignet. Wer Vorhofflimmern hatte, wird auch nach der Behandlung nicht ohne Medikamente leben können. „In den meisten Fällen müssen die Patienten dauerhaft Blutverdünner einnehmen, um zu verhindern, dass sich Thromben bilden. Ansonsten kann das Leben dieser Patienten ganz normal weitergehen.