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Endometriose – Gutartige Erkrankung mit vielen Gesichtern

Endometriose – Gutartige Erkrankung mit vielen Gesichtern

16.12.21
Endometriose – Gutartige Erkrankung mit vielen Gesichtern

Die Endometriose gilt als „Chamäleon“ unter den gutartigen gynäkologischen Erkrankungen. Bei der Endometriose befindet sich Gebärmutterschleimhaut- ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter. Wenn es dieses Gewebe vorhanden ist, siedelt es sich am Bauchfell, auf der Gebärmutter, an den Eierstöcken und den Eileitern an. Manchmal auch an benachbarten Organen, am Darm, der Harnblase, Leber und Lunge. Die Beschwerden einer Frau variieren zwischen Schmerzen kurz vor und während der Periode und unerfülltem Kinderwunsch. Auch Schmerzen während des Geschlechtsverkehrs können von einer Endometriose herrühren.   

Der Gipfel der Erkrankung liegt bei Frauen im Alter zwischen 20 und 40. Ausnahmen nach unten oder oben gibt es aber auch. In Deutschland ist etwa jede zehnte Frau zwischen 15 und 45 Jahren von einer Endometriose betroffen. Es ist mit etwa 40000 bis 50000 neuen Fällen pro Jahr in Deutschland zu rechnen. Insgesamt zwei Millionen Frauen in Deutschland haben Endometriose. Weltweit wird die Zahl auf 170 bis 200 Millionen Frauen geschätzt.

In Deutschland vergehen nach wie vor durchschnittlich sechs bis sieben Jahre vom Auftreten der Beschwerden bis zur Diagnosestellung – einer der Hauptgründe, warum manchmal die Diagnose erst beim fortgeschrittenen Stadium gestellt wird. Deswegen ist umso wichtiger, dass dem oben genannten mehr Beachtung geschenkt wird und Frauen schneller eine Diagnose und Therapie erhalten.

Die einzige Methode, die eine hundertprozentige Diagnose garantiert, ist die Bauchspiegelung. Dabei wird eine Minikamera in den Bauch eingeführt und Gewebe entnommen, das dann auf Endometriose untersucht wird. Ziel ist es, möglichst alle Herde zu beseitigen und bestehende Verwachsungen zu lösen. Die Festlegung von Endometriosezellen am entnommenen Gewebe durch den Pathologen gilt als aussagekräftig zwecks Diagnostizierung dieser Erkrankung. Allen Schritten ist die möglichst radikale (also vollständige) Entfernung der erkennbaren Herde und Veränderungen gemeinsam. Da die minimal-invasive laparoskopische Operation die geringsten postoperativen Beschwerden macht und ihr in ihren Möglichkeiten gegenüber dem Eingriff am offenen Bauch keine Nachteile erwachsen, ist sie uneingeschränkt zu favorisieren. Die Operateure sollten sehr gut ausgebildet sein und viel Erfahrung mit der Endometriose haben.

Die gute Nachricht: Endometriose ist zwar eine chronische und gravierende Krankheit, sie ist jedoch in den meisten Fällen gut behandelbar.

Neben den minimal-invasiven Maßnahmen zur Entfernung der Endometriose-Herde stehen auch medikamentöse Therapien zur Auswahl. Das Endometriose-Gewebe wird durch weibliche Geschlechtshormone (Östrogene) stimuliert. Die Idee der medikamentösen Therapie der Endometriose besteht darin, dass weniger Östrogene produziert werden. Damit hemmen diese Medikamente das weitere Wachstum der Endometrioseherde.

Für die Hormontherapie der Endometriose existieren mehrere hormonelle Wirkstoffe mit unterschiedlichen Handelsnamen. Gestagene, GnRH-Analoga und orale Kontrazeptiva (Anti-Babypille) sind Wirkstoffe, welche einerseits die Stimulation zur Freisetzung von Hormonen der Eierstöcke vermindern andererseits die lokale Entzündung des Endometriose-Gewebes hemmen. Vor allem Dienogest, das einzige orale zugelassene Medikament für die konservative Therapie der Endometriose vermindert die Endometriose-Herde auf vielfältige Weise. Es vermindert die Östrogenproduktion, ohne sie vollständig zu unterdrücken. Gleichzeitig wirkt es antientzündlich und hemmt die Gefäßbildung und Zellteilung in den Endometriose-Herden. Insgesamt führt es also dazu, dass die Endometriose-Herde sozusagen austrocknen. In Studien konnte gezeigt werden, dass das Gestagen die Symptome lindert, die Zahl der Herde vermindert und dem Wiederauftreten von Endometriose nach Operationen vorbeugt.

Weitere Therapieansätze sind die traditionell chinesische Medizin (TCM), Akupunktur und Ernährungsmedizin. Eine gesunde Ernährung kann den Patientinnen mit Endometriose helfen, die Beschwerden zu lindern und deren Wohlbefinden zu steigern. Entzündungen können auch durch sogenannte Antioxidantien gehemmt werden. Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E, Vitamin A, Zink und Selen sind in frischem Obst und Gemüse enthalten.

Zum ganzheitlichen Therapiekonzept bei der Endometriose gehört auch eine ausgewogen körperliche Betätigung und das Erlernen von Stressbewältigungsmethoden. Die Auswahl der Sportart richtet sich nach den persönlichen Vorlieben und Möglichkeiten, wichtig ist die Kontinuität. Akupunktur und Akupressur haben in Studien zur Schmerzlinderung bei Endometriose einen positiven Effekt gezeigt.

Obwohl es derzeit keine Therapie gibt, die zu einer vollständigen Heilung der Endometriose führt, sollten alle verfügbaren Maßnahmen zum Einsatz kommen, um die Lebensqualität und die Fruchtbarkeit vor allem der jüngeren Patientinnen zu verbessern. Nach einer großen Endometriose-Operation sogar oder bei dauerhaften Schmerzen ist häufig eine medizinische Rehabilitation („Reha“) empfehlenswert. Unser Ziel ist es, die Behandlung der Endometriose ganzheitlich zu betrachten und zu bewältigen, bis die Ätiologie und Pathogenese der Endometriose vollständig geklärt sind. (Dr. Panagiotis Sklavounos)