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Bauschäden im Fokus

Bauschäden im Fokus

Schwachstelle Wärmebrücken

13.02.21
Bauschäden im Fokus

Kondensat- und Schimmelbildung an Wärmebrücken. Foto: Georg Neu GmbH

Einer Studie der DAK-Krankenkasse zufolge möchten aktuell 75 Prozent der Arbeitnehmer Homeoffice auch zukünftig praktizieren. Dabei ist aus sachverständiger Sicht darauf zu achten, dass der dauerhafte Aufenthalt in meist kleineren Homeofficeräumen zu einer Erhöhung der Raumluftfeuchte und zu Schimmelbildung an Wärmebrücken führen kann.

Was versteht man unter Wärmebrücken?

Kunden erklärt der Sachverständige die Auswirkung fehlender Wärmedämmung gerne am Beispiel eines Bierglases. Das kalte Bier im Glas stellt die Gebäudeaußenseite dar. Auf der raumzugewandten Seite des Bierglases läuft Tauwasser ab, sobald das kalte Bier in das Glas gefüllt wird. Wäre das Glas gedämmt, würde dieser Effekt nicht eintreten.

Ebenso verhält es sich mit Wärmebrücken an Gebäuden. An schlecht gedämmten Bauteilen kommt es im schlimmsten Fall zu einer solchen Tauwasserbildung auf der Innenseite. Tauwasser entsteht, wenn die Raumluft zu 100 Prozent an der Bauteiloberfläche feuchtegesättigt ist. Schimmelwachstum beginnt jedoch schon wesentlich früher, bei circa 80 Prozent relativer Luftfeuchte. Darum ist es wichtig, besonders kritische Bereiche an einem Gebäude entsprechend zu dämmen. Dazu zählen insbesondere Wärmebrücken wie Zimmeraußenecken, Wand-/Deckenanschlüsse, Rollladenkästen, Betonstürze und weitere Bauteile.

Zum Schadensfall:
Ein junges Ehepaar hatte eine Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus aus dem Baujahr 1969 erworben. Bereits im ersten Winter traten kleinere Schimmelbildungen an den Innenecken der Außenwände des Schlafzimmers auf. Noch schlimmer wurde es, als das Paar Nachwuchs bekam und der Ehemann kurz darauf ins Homeoffice wechselte. Die Wohnung war nun ganztägig mit drei Personen belegt und der Luftfeuchtegehalt immer weiter angestiegen. Eine Kontrolle der Luftfeuchte mit einem Luftfeuchtemessgerät fand nicht statt. Nach der mittlerweile starken Schimmelpilzausprägung an allen Außenwandecken wurde der Sachverständige um Rat gebeten.
         

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Die Schadenslösung:
Zunächst wurden bauliche Ursachen wie Feuchteeinflüsse von außen durch zum Beispiel ungenügenden Schlagregenschutz oder defekte Rinnen, Fallrohre, Risse oder undichte Balkone/Terrassen untersucht. Danach wurde die Außenwand auf die Einhaltung des flächigen Mindestwärmeschutzes zur Schimmelvermeidung hygrothermisch überprüft.

Können sowohl bauliche wie auch hygrothermische Ursachen ausgeschlossen werden, verbleibt nach dem Ausschlussprinzip nur fehlerhaftes Nutzerverhalten durch falsches Heizen und Lüften als Schadensursache. In den meisten Fällen kommen jedoch sowohl hygrothermische Ursachen als auch fehlerhaftes Nutzerverhalten als Schadensursachen in Frage. So war es auch bei diesem Fall. Der Sachverständige riet dem Ehepaar zum Einbau einer nachträglichen Innendämmung an den beschriebenen Wärmebrücken und zum Einbau einer dezentralen Lüftungsanlage.

Als nachträgliche Innendämmung sind diffusionsoffene Systeme zu empfehlen, die sowohl viel Feuchte aufnehmen als auch abgeben können. Zur Regulierung der Luftfeuchte sind dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung zu empfehlen, die für ein dauerhaft angenehmes Raumklima sorgen. Sie können mit Feuchte-, Temperatur- und CO2-Sensoren gekoppelt werden.

Fazit:
Die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort sollten zunächst von einem Sachverständigen oder einem Fachbetrieb mit entsprechenden Kenntnissen und Messgeräteausstattung beurteilt werden. Anschließend kann die Dämmstoffauswahl mit der Dimensionierung und der Detailplanung erfolgen. In Zeiten immer besser gedämmter Gebäude bietet der nachträgliche Einbau einer dezentralen Lüftungsanlage eine sehr gute Möglichkeit, die Raumluft dauerhaft auf einem für Schimmelbildung unproblematischen und gesundem Niveau zu halten.
      

Info:

Georg Neu
öffentlich bestellt und vereidigter Sachverständiger bei der HwK Koblenz Maurer- und Betonbauerhandwerk